Schwierige Entscheidungen treffen
Schwierig? Was ist schon schwierig? Wenn überhaupt ist Entscheidungen treffen manchmal unangenehm, weil sie meistens den Ausschluss von nicht gewählten Möglichkeiten bedeuten, was wir bedauern, oder weil sie Konsequenzen beinhalten, die wir zum Zeitpunkt der Entscheidung gar nicht überblicken können. Partnerwahl und Ehe sind hier naheliegende Beispiele, doch auch Unternehmensstrategien, die Wahl von Geschäftspartner können ähnlich sein. Wozu aber eine Entscheidung schwer machen, indem ich sie schwierig nenne? Wichtig und weitreichend sind hilfreichere Begriffe.
„Nimm dich nicht so wichtig.“
Als Johannes XXIII zum Papst gewählt wurde, quälte er sich mit der Last der Verantwortung, der Unmöglichkeit allen Erwartungen gerecht zu werden und die richtigen Entscheidungen zu treffen bis ihm ein Engel sagte: „Johannes, nimm dich nicht so wichtig.“ Ob man nun an Engel glaubt oder nicht, der Tipp ist gut. Wir haben die Zukunft nicht in der Hand, wir entscheiden aufgrund von Erfahrungen, rationalen Überlegungen, intuitiv und meistens aus einer Mischung aus allen dreien; doch alle Eventualitäten können wir nicht übersehen. Das beruhigt.
Wie unser Gehirn Informationen verarbeitet
Informationsverarbeitung findet hauptsächlich in der Großhirnrinde statt. In jedem Quadratmillimeter liegen etwa 100.000 Nervenzellen, die miteinander durch elektrische Impulse kommunizieren. Es ist komplex und hoch assoziativ. Es ist erfahrungs- und emotionsgesteuert. Davon abhängig sind unsere Entscheidungen. Bekannt ist zudem, dass die linke Gehirnhälfte vor allem für rationales, wissenschaftliche Denken verwendet wird. Seine Arbeitsweise ist vorwiegend sukzessiv. Regeln und Gesetzte werden hier verarbeitet. Die rechte Hälfte denkt ganzheitlicher, spontaner, kreativer. Spiel- und Risikobereitschaft finden sich dort. Daraus folgt, dass unsere Stimmung Einfluss auf unser Denken hat. Wie Maia Young von der Anderson School of Management in Kalifornien herausgefunden hat, kann beispielsweise Ärger zu rationaleren Entscheidungen führen. Man ist kritischer, das Spielerische verliert sich und die Entscheidung wird stärker als sonst in der linken Gehirnhälfte verarbeitet. Ein bisschen Stress und genervt sein, vermag also die Rationalität zu steigern und kann zu starken Entscheidungen führen.
Grundsatzentscheidungen
Wenn es einem schwerfällt schwierige Entscheidungen zu treffen, geht es oft um Grundsatzentscheidungen, die langfristig unser Leben beeinflussen. Hier gilt es sowohl rationale als auch ganzheitliche Kriterien zur Anwendung zu bringen. Je unübersehbarer die Folgen sind, umso wichtiger wird das Bauchgefühl, die Intuition. Das 10–10–10 Modell hilft aber doch etwas Übersicht in den Entscheidungsprozess zu bringen. Dabei sammelt man alle Informationen und ordnet sie entsprechend ihren Auswirkungen nach 10 Tagen, 10 Monaten und 10 Jahren. Das Modell hilft die kurzfristigen Auswirkungen, die uns meistens emotional stärker berühren, von den langfristigen und rationaler begründeten zu unterscheiden. Was ist mir wichtiger? Zufriedenheit in Kürze oder langfristiger Erfolg?
„To be or not to be?“ – Sein oder nicht sein?
Wir wissen, dass Hamlet mit einer Wahlentscheidung dieser Art größte Schwierigkeiten hatte. Hätte er aber den Decoy-Effekt gekannt, wäre das Trauerspiel vielleicht glücklicher ausgegangen. Der Begriff stammt aus der Marketingforschung. Beispiel: Ein Produkt A hat mehr Leistung, kostet aber auch mehr als ein anderes B mit weniger Leistung. Oft schwer zu entscheiden. Füge ich aber ein Drittes hinzu als Köder (decoy), das etwas mehr kostet als das teure A, aber in seiner Leistung zwischen dem teuren und dem billigen liegt, entscheiden sich deutlich mehr Käufer für das teure Gerät A – das ja nun klar besser ist als der Köder, der eindeutig teurer ist bei weniger Leistung. B ist raus. So kann man Entscheidungen beeinflussen oder sich auch selbst aus der Klemme helfen mit diesem kleinen Trick.
Am schwersten fällt es uns aber eine Entscheidung zu treffen, wenn wir von keiner der gegebenen Möglichkeiten überzeugt sind. In diesem Fall hilft Intuition wenig, denn der Bauch stimmt nirgends zu. Fast immer gibt es aber ein drittes oder ein viertes und mit Geduld, Einfallsreichtum und Rationalität findet sich ein Weg, für den man sich dann gern und leicht entscheidet. Anders gesagt: Entscheide dich so, dass du es nicht bereuen wirst, ganz gleich wie es ausgeht.
Die Zustimmungsfalle
Wer schon einmal mit Menschen aus dem asiatischen Raum zusammengearbeitet hat, kennt das Problem. Es gilt als unhöflich zu widersprechen. Und wenn der Kernreaktor zu schmelzen droht, der Chef hat recht und die Hierarchie bleibt gewahrt. Das Schweigen der Mitarbeiter kann auch auf höchster Ebene fälschlicherweise als Zustimmung interpretiert werden wie Jerry Harvey, ehemals Professor an der George Washington Universität, schon 1974 herausgefunden hat. Wer kennt das nicht, dass man etwas gemeinsam unternimmt, wozu im Grunde keiner Lust hat, aber jeder vom anderem annimmt, es läge ihm oder ihr etwas daran? Das gibt es auch im Management. Man macht weiter, obwohl keiner so richtig von der Strategie überzeugt ist. Hier hilft nur Intuition, durch die man das Problem erkennt, interkulturelle Erfahrung, damit man Nuancen unterscheidet, und der Mut das Problem auch anzusprechen. Starke Entscheidungen erfordern Mut. Sei es, dass es um etwas Neues geht, sei es, dass man möglichst viele Mitarbeiter einbinden und wirklich überzeugen will.
Fazit: Entscheidungen selber sind nie schwierig. Wir machen es uns nur schwer. So wie unser Gehirn Informationen verarbeitet, wir alle verfügbaren Informationen verwenden, Rationalität, Intuition und Erfahrung zum Ausgleich bringen, bietet sich auch eine sinnvolle Lösung an. Und diese wählen wir.
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